In dieser Serie veröffentlichen wir 14 Fragen und Antworten aus dem Gespräch mit Locals und Globals aus der HipHop-Szene. Heute mit Marty McKay.

Marty McKay der unkoventionelle MC aus Zürich setzt hohe Massstäbe wenn es um seine Lyrics und Musikproduktionen geht. Sein Konzeptalbum, welches sich um die sieben Todsünden dreht, verspricht viel. Verschlingt aber auch eine grosse Menge an Arbeit. 14K hat mit McKay gesprochen.

  • Marty McKay. Ist das dein richtiger Name?

Nein. Ich dachte mir, wenn sich Schauspieler einen coolen Namen zulegen, dann mache ich das auch. Da ich in zehn Jahren vielleicht nur noch mit einer Gitarre oder am Piano singe, war es mir wichtig, keinen typischen «HipHop-Namen» zu wählen. Marty ist aus meinem Vornamen abgeleitet und McKay stammt von einem Charakter einer TV-Serie aus den 1990ern. Dass viele an Marty Mc…Fly aus Back To The Future denken passt wunderbar, denn so vergisst man den Namen nicht und hat eine Eselsbrücke. Der Delorean fehlt mir allerdings noch (schmunzelt)

  • Wo warst du das letzte Wochenende? (Anm.d.Red: Das Interview fand Anfang März statt)

Tagsüber im Homestudio um an zwei neuen Konzepten zu arbeiten, abends mit Freunden und Freundinnen einen Geburtstag feiern und nachts tief versunken vor dem Fernseher am Criminal Minds schauen. Im nächsten Leben werde ich Profiler!
In Clubs gehe ich nur noch selten… richtiger HipHop wird ja kaum mehr gespielt und beim Elektro-Zeugs bräuchte ich Drogen, um es länger als eine Stunde auszuhalten.

  • Warum hat man dich hierzulande noch nie on Stage gesehen?

Noch nie ist falsch, aber es stimmt, die meisten Auftritte hier waren zwischen 2001 und 2003 und liegen somit schon eine Weile zurück. Ich rappte in Clubs jeweils meine Lieblings-Rapsongs, da ich noch kein eigenes Material hatte. Mit dem war ich damals auch ganz zufrieden. Ich wollte gar nicht mehr als das Supporten, was mir gefiel. Dass ich danach hauptsächlich im Ausland unterwegs war, war Zufall. Ich begleitete Vanille Ice einige Male auf Tour als Backup MC, und da waren wir halt vermehrt in Deutschland, England oder USA unterwegs.

  • Wenn man dich so ansieht, würde man dich nicht in der HipHop-Ecke vermuten. Verhält sich das auch so mit deiner Musik?

Meine Hosen müssen wohl enger geworden sein (lacht). Teils-teils: Das kommt sehr auf das Konzept an. «Project 7» ist Crossover und definitiv nicht typisch HipHop, obwohl sehr viel gerappt wird. Ich entspreche grundsätzlich nicht gerne irgendwelchen Klischees und ich mag keine Uniformen irgendwelcher Art. Ich habe schon noch vor, ein paar richtige Boom Bap-Alben zu machen. Aber das, was man in nächster Zeit erwarten kann, ist eher Alternative Rap.

  • Was hebt dich von der Masse ab?

Die Liebe zum Detail und der Sinn fürs Ganze. Ich habe den Fokus auf dem gesamten Produkt. Wenn du einen Apple/Mac kaufst, stimmt ja auch alles: Von der Verpackung bis zum kleinsten Detail. Genau das streben wir an. Der Crossmediale Approach ist bis dato sicher auch etwas, was die Marke von der Masse abheben wird. Wir kreieren eine eigene Welt, in der die Konsumenten abtauchen und sich vertiefen können.

  • 14K verfolgt dein Projekt seit einiger Zeit. Du produzierst ein Album ohne Label im Rücken. Bist du dir des Risikos bewusst?

Absolut. Man muss schon extrem verrückt oder besessen sein, um so was auf dem Level durchzuziehen. Aber ein Freund von sagte stets :»Den Mutigen gehört die Welt» und damit hat er recht. Nirgendwo gibt es mehr Sicherheit als in der Schweiz und doch traut sich hier eher selten jemand mal was zu riskieren – schon paradox. Aber das Leben ist kurz und ich habe keine Lust mich irgendwann zu fragen «was wäre gewesen wenn». Am Ende bereut man ja immer nur die Dinge im Leben, die man nicht gemacht hat. Ausserdem weiss jeder gute Geschäftsmann, dass man zuerst einmal richtig investieren muss, um etwas anständiges aufzubauen. Warum sollte das bei der Musik anders sein?
Die Investition und das Risiko sind das, die es am Schluss ausmachen. Die Leute merken wenn man es ernst meinst.

  • In deinem Album sind grosse Namen aus dem Rap-Biz dabei. Wird das nun ein McKay-Album oder schmückst du dich mit fremden Federn?

Nein, aber es ist spannender, in einem Team zu arbeiten. Vor allem, wenn alle besser sind als man selbst, so kann man sich selber steigern. Aber es ist kein einziges Featuring auf der Platte, also kann man mir kein typisches Name dropping vorwerfen. Es wird 100% McKay – wenn ich nicht dahinterstehen kann, wird es nicht veröffentlicht bzw. gar nicht erst gemacht.

  • Was werden wir musikalisch erwarten können von der Platte?

Puh, das ist schwierig in Worte zu fassen. Eine Achterbahnfahrt mit extrem vielen Eindrücken. Von der Ballade über Rap bis Rock. Und die Kunst dabei war, dass trotzdem alles zusamenpasst und Sinn ergibt, vom ersten bis zum letzten Kapitel. Das Album hat viel Dimensionen und Details, in denen es auch nach dem zehnten Mal hören noch Neues zu entdecken gibt. Wir sind mehr Crossover bzw. in die Extreme gegangen als z.B. die Beastie Boys oder Linkin Park. Schon deswegen, weil wir zwei Studio-Sängerinnen auf dem Album haben. Die Verses sind meistens gerappt, aber wir haben versucht darauf zu achten, dass es keinen Overkill in irgend eine Richtung gibt. Man wird mich also nicht 48 Bars am Stück Rappen hören.

  • Hast du in musikalischer Hinsicht Vorbilder?

So einige. Bei den Rappern sind wohl Chuck D und Big Daddy Kane (the most complete MC ever) zuoberst auf der Liste. Energiegeladene Charakterstimmen, Power, Technik, Message und lyrisch top. Paris ist genial, weil er alles selber macht, inklusive Beats – ein Genie. Bei den Sängern sind es wohl Brandon Boyd von Incubus und Corey Taylor von Slipknot, die ich am meisten bewundere. Beide waren anfangs nicht extrem stark und haben sich mit jedem Album gesteigert. Das macht mir Mut. Ich bewundere auch Künstler wie Lenny Kravitz oder Kid Rock, die in ein Studio gehen können, jedes Instrument kurz selber einspielen, und mit einem fertigen Song rauslaufen. Bei den Turntablists bewundere ich DJ Q-Bert & Mix Master Mike, Rick Rubin und The Bomb Squad wenn es um Produzenten geht.

  • Ich lade meinen Sound aus dem Internet herunter, z.B. von iTunes. Warum soll ich dein Album physisch als CD zu kaufen?

Die Qualität vom Artwork wird hochwertig sein – das ist definitiv etwas, das man in den Händen halten möchte. Zudem wird im Booklet ein Brief abgedruckt, in dem erklärt wird, von wo die Songtexte wirklich herkommen. Wir planen dazu noch ein aufwändiges Fotoshooting – wo die meisten Songs im Booklet noch visuell dargestellt werden und so nochmals ein neues Gesicht erhalten.

  • Zu welcher Sorte Songwriter gehörst du? Schreibst du zuerst Texte oder baust du erst die Beats?

Zuerst kommt das Thema bzw. der Inhalt. Dann fang ich entweder an zu schreiben (aber nur Drafts) oder baue mir quasi zuerst einen Bilderrahmen, in dem ich mich bewegen darf. Das ist dann die Grundlage für die Musik. Um diese ideal umzusetzen, ist es vorteilhaft, wenn ich ungefähr weiss, wie der Songtext dramaturgisch verlaufen soll. Wenn die Musik dann steht, kann ich effektiv am Text feilen. Meine Beatmacher-Künste sind aber eher bescheiden. Ich muss nicht alles selber machen, nur um mein Ego zu befriedigen.

  • Wir wissen, dass du fast ausschliesslich mit hoch qualifizierten Fachleuten arbeitest. U.a. leistest du dir auch ein Voice Coach . Das lässt eine penible Arbeitsweise vermuten. Einem peniblem Album fehlt dann womöglich der nötig Dreck. Trifft das auf dein Album zu?

Nein, an dem wird es am allerwenigsten fehlen, da es schon alleine wegen dem Thema – den Todsünden – viel «Dreck» geben wird und muss. Ein zu cleaner Sound wie es z.B. Dr. Dre hat, würde hier absolut nicht passen. Die meisten professionellen Sänger arbeiten mit einem Vocal Coach, es gibt einfach fast niemand zu, keine Ahnung warum. Ein Sportler behauptet ja auch nicht, nie einen Trainer gehabt zu haben. Aber Perfektion ist ja eigentlich eine Illusion, denn wirklich Perfekt wird etwas nie – und wenn du dieser Perfektion zu lange nachgibst, dauert es halt über zehn Jahre, bis ein Album erscheint, wie z.B. Detox.

  • Keine Lust ein Mundart-Album aufzunehmen?

Das überlasse ich anderen. Ich bin mit Euro Dance und später mit US-HipHop aufgewachsen. Mitte der 1990er war das nie ein Thema, auf Mundart zu Rappen oder zu Singen. Warum sollte ich das jetzt ändern? Kommentare wie «das kommt nicht von Herzen, wenn du nicht auf Mundart rappst» finde ich besonders amüsant. Komischerweise gilt diese Regel nicht für Gesang.

  • Heute is HipHop durch grosse Autos, Geld und Bling-Bling geprägt. Früher war HipHop ein politisches Werkzeug und die Stimme der Ghettos. Was ist es für dich?

Eine Kultur, die ich seit 15 Jahren verfolge und studiere. Ein Gefühl und Lebensstil, den ich lebe und der Soundtrack zu meinem Leben. Als Künstler ist es u.a. mein persönliches Outlet um Gedanken, Sorgen, Gefühle und Missstände mitzuteilen bzw. aufzuzeigen.

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